Helena Ripken

Ausführliche Fassung des Textes aus dem Magazin BewegtBerlin, Nr. 1 (Januar/Februar 2024)

 


Zur Person

Die 17-jährige Helena Ripken (VfL Zehlendorf) ist Bundeskader-Athletin und trainiert bei Anzhelika Lepekha am Bundesstützpunkt RSG Berlin. Sie ist eine der derzeit erfolgreichsten Berliner Gymnastinnen, ihr ganz großes Ziel ist die Olympia-Teilnahme 2028.

 


Helena Ripken ist eine der derzeit erfolgreichsten Berliner Gymnastinnen, holte seit 2018 bei allen Deutschen Meisterschaften ihrer Altersklassen Medaillen und errang im Juniorinnen-Bereich auch internationale Erfolge. Ihr Wechsel zum Nationalmannschaftsstützpunkt nach Fellbach-Schmiden steht bevor, ihr ganz großes Ziel ist die Olympia-Teilnahme 2028.


Dieses Ziel teilte sie mit ihrer besten Freundin Mia Lietke. Doch Mia verstarb plötzlich und unerwartet im November 2023 im Alter von 16 Jahren. Helena äußert sich hier im Kontext unseres Themas „Mentale Gesundheit“ auch zur Verarbeitung dieses großen persönlichen Verlusts. Nicht zuletzt, um Kindern und Jugendlichen in ähnlich schwierigen Lebensphasen mit ihren Erfahrungen zu helfen.


Mentale Gesundheit


Mentale Gesundheit ist für mich genauso wichtig wie körperliche Gesundheit. Ich fühle mich mental gesund. Das bedeutet für mich, dass ich die Doppelbelastung von Schule und Leistungssport gut hinbekomme, ohne mich überfordert zu fühlen. Ich liebe meinen Sport und gehe täglich gerne zum Training. Meine Eltern unterstützen mich stets und üben keinen Druck auf mich und meine Leistungen aus.


Mein Sport ist mir sehr wichtig. In trainingsfreien Zeiten, z.B. in den Sommerferien genieße ich zuerst einmal frei zu haben und nach ein paar Tagen freue ich mich schon wieder, wenn das Training losgeht. Da ich selbst sehr ehrgeizig bin, versuche ich gar nicht darüber nachzudenken, was andere von mir erwarten könnten, sondern gebe sowieso immer mein Bestes.


Damit ich mich in meinem sportlichen Umfeld wohlfühle, ist es mir sehr wichtig, dass meine Trainerin und ich gut zusammenarbeiten. Eine gute Stimmung unter den Gymnastinnen ist mir ebenfalls sehr wichtig. Dazu gehört für mich, dass man sich gegenseitig motiviert, bei Wettkämpfen unterstützt, sich miteinander freut, wenn eine erfolgreich war und sich tröstet, wenn es mal nicht so gut lief.


Wir haben am Stützpunkt auch die Möglichkeit mit einem Sportpsychologen zusammenzuarbeiten. Ich nehme das gern in Anspruch, da er mir zur Bewältigung von Problemen und Herausforderungen gute Ratschläge gibt.


Aufregung vor dem Wettkampf


Als ich noch sehr klein war, habe ich Wettkämpfe geturnt, ohne mir Gedanken darüber zu machen, ob alles klappt oder wie ich abschneide. Dann gab es eine Phase, wo sich auf einmal der Kopf eingeschaltet hat und die Unbeschwertheit in Wettkämpfen verloren gegangen war. Mit der Hilfe unseres Sportpsychologen konnte ich zu meiner Wettkampfstärke zurückfinden. Er hat mir ein paar Tricks gezeigt, die mir helfen „runterzukommen“ und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich gehe z.B. vorher in Gedanken meine Übungen durch, wie alle Schwierigkeiten in den Übungen klappen. Ich bin jetzt kurz vor dem Wettkampf leicht aufgeregt, wenn ich dann aber mit der Übung beginne, bin ich konzentriert und fühle mich gut. Wenn mich dann das Publikum noch anfeuert, hilft mir das und motiviert mich, meine beste Leistung zu zeigen.


Ausnahmezustand Pandemie


Anfangs war die Corona-Zeit eine große mentale Belastung, da wir nicht nur die Schule von zuhause aus bewältigen mussten, sondern auch das Training. Wir haben Aufgaben bekommen, die wir filmen und dann unserer Trainerin schicken mussten. Auch ein täglicher Trainingsbericht musste geschrieben werden. Da wir weder unsere Klassenkameraden noch unsere Freundinnen im Sport sehen konnten, war das eine schwere Zeit.


Aber da wir den ganzen Tag mit Aufgaben für die Schule und den Sport beschäftigt waren, verging der Tag sehr schnell. Zum Glück war für uns am Bundesstützpunkt das Trainingsverbot bald aufgehoben, sodass ich dann meinen Sport wieder richtig ausüben und dort auch meine Freundinnen treffen konnte. Wir haben auch Online-Wettkämpfe geturnt, weswegen das Training nicht an Bedeutung verloren hat.


Umgang mit Tiefs


In solchen Situationen helfen mir Gespräche mit meinen Eltern, Geschwistern oder Freunden. Meine Tiere geben mir in diesen Zeiten auch viel Kraft.


Meine Empfehlung: Sucht euch jemanden, dem ihr euch anvertrauen könnt. Das können Eltern, Freunde oder auch Mentaltrainer sein. Verliert nie euer Ziel aus den Augen und glaubt an euch und eure Stärken. Nach jedem Tief kommt ganz gewiss auch wieder ein Hoch!


Abschied von Mia


Mia war und wird auch für immer meine beste Freundin sein! Wir haben uns blind verstanden und nie gestritten. Für mich war sie mehr wie eine Schwester als eine Freundin. Von daher kann man sich vorstellen, was für eine Lücke ihr Tod bei mir hinterlassen hat.


Im Alltag bin ich durch die Schule und den Sport oft abgelenkt. Wenn ich an sie denke, bin ich sehr traurig, aber ich weiß, dass sie das nicht wollen würde. Das hilft mir, nach vorne zu schauen.


Ich überlege oft, wozu sie mir in bestimmten Situationen geraten hätte. Sportlich hatten wir das gleiche Ziel. Das motiviert mich doppelt, denn ich möchte mein/unser Ziel nun nicht mehr nur für mich, sondern auch für sie erreichen.


In der ersten Zeit war ich total geschockt und habe nur irgendwie funktioniert. Für mich stand jedoch fest, dass ich Mia einen ganz besonderen Abschiedsgruß schenken wollte. Da wir uns in unserer Freizeit immer gerne Choreografien ausgedacht haben, kam ich auf die Idee, einen Tanz für sie zu performen. Außerdem wollte ich bei der Trauerfeier ein paar Worte an sie richten. Auch, wenn ich wusste, dass mir das nicht leichtfallen wird.


Wenn ich jetzt sehr traurig bin, dann lasse ich die Emotionen zu, danach geht es mir besser.


Herr Mempel, der Sportpsychologe unseres Stützpunkts, stand für uns für Gespräche bereit. Ich habe seine Hilfe bis jetzt noch nicht in Anspruch genommen, werde es aber in der nächsten Zeit tun. Ich denke, dass jeder anders mit Trauer umgeht und bin deswegen der Meinung, dass es kein Richtig oder Falsch gibt. Wenn man aber merkt, dass man allein nicht mit der Trauer fertig wird, sollte man sich auf jeden Fall Hilfe suchen. Meine Empfehlung, um mental wieder ins Gleichgewicht zu kommen: Vertraut euch einer Bezugsperson an, egal ob Eltern, Geschwistern oder Freunden. Wenn das nicht ausreicht, nehmt professionelle Hilfe in Anspruch. Findet euren eigenen Weg mit dem Verlust umzugehen. Mir hilft es zum Beispiel, alte Videos von uns beiden anzuschauen.


Meine Sicht auf das Leben hat sich durch den Verlust meiner Freundin verändert. Ich versuche kleinen Problemen nicht so viel Gewicht zu geben und schöne Erlebnisse noch mehr wertzuschätzen.

 


Foto: Juri Reetz


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