Andreas Hilmer

Ausführliche Fassung des Textes aus dem Magazin BewegtBerlin, Nr. 3 (Mai/Juni 2022)

 


Zur Person

Andreas Hilmer (54) ist Geschäftsführer des SCC Berlin e.V.

 


Was das Wort „Trend“ für mich bedeutet, ist schwer einzuschätzen, weil es auf die Sichtweise ankommt. Wenn man Lacrosse oder Quidditch nimmt, wird das in Deutschland ein Trend sein. Aber in anderen Ländern ist das seit Jahrzehnten ein fester Sport.


Ein Trend ist momentan angesagt, könnte aber in 2 Jahren nicht mehr so verbreitet sein. Trendsportarten setzen sich merkwürdigerweise in Europa nicht so leicht durch, wie das beispielsweise Baseball und Softball belegen. In Amerika ist das seit über 100 Jahren ein sehr populärer Sport. In Deutschland oder in Europa benötigen solche Sportarten mehrere Jahrzehnte, um überhaupt gewisse Strukturen zu erreichen.


Quidditch, das wir beim SCC erfolgreich anbieten, ist für mich eine Innovation, weil Frauen und Männer in einer Mannschaft zusammenspielen. Es ist sehr vielseitig und verbindet Elemente aus dem Handball, Rugby und Dodgeball. Einerseits sind Bälle in Ringe zu werfen, andererseits kann man abgeworfen werden. Wir haben diesen Trend gern bei uns im Verein aufgenommen! Eine Gruppe von Quidditch-Spielern, die erst im Park nur für sich trainiert hat, ist auf das SCC-Präsidium zugekommen, weil sie auch gern in den Spielbetrieb eintreten wollten. Sie suchten einen Mehrspartenverein, um den administrativen Anteil eines Vereins zu übernehmen. Der SCC hat sie in die große Sportfamilie aufgenommen und so können die Quidditch-Spielerinnen und -Spieler mit festen Gruppen unsere Vereinsplätze nutzen. Dieser Trend ist mit über 40 Vereinsmitgliedern sehr erfolgreich integriert. Quidditch erreicht – in Anlehnung an ein fiktives Harry-Potter-Spiel – ein jüngeres Publikum. Für diesen Sport begeistern sich schon 16- bis 17-Jährige.


Der SCC ist ein moderner Sportverein, der sich öffnet für Neues, aber auch Traditionelles pflegt. Fußball, Leichtathletik, Handball oder Tischtennis gibt es bei uns schon seit Jahrzehnten, aber unser Verein hat sich vor etwa 25 Jahren als Ziel gesetzt, auch neuen Sportarten eine Chance zu geben – wie Triathlon, American Football, Baseball, Softball, Lacrosse oder Quidditch. Unser Verein hat keine Probleme, neue Sportarten in das Sportangebot aufzunehmen. Alles, was kontinuierlich angeboten wird, ist gut für den Verein.


Ich finde gut, dass es den BTFB gibt, der ganz verschiedene Sportarten in sein Angebot aufnimmt. Nicht nur Turnen oder Rhythmische Sportgymnastik, sondern auch Sportarten, die noch nicht die Anerkennung wie Fußball oder Hockey haben. Auch „kleinere“ Sportarten benötigen die Unterstützung eines Fachverbandes!


Typische Herausforderungen im Verein in Bezug auf die Umsetzung von neuen Trendsportarten sind ganz klar Hallen- oder Sportplatzkapazitäten. Wenn die nicht da sind oder fehlen, kann sich ein Trend nicht etablieren.


Es ist auf jeden Fall möglich, Leistungs-, Breiten- und Trendsport im Verein unter einen Hut zu bringen. Einzelsportarten werden gefördert, die Vielfalt wird gefördert – alle Bereiche müssen abgedeckt werden. Aber jede Abteilung muss für sich entscheiden, wie „weit“ sie gehen möchte. Zum Beispiel spielt unsere Abteilung Tischtennis nur bis zu einer bestimmten Ligastärke. American Football spielt seit vielen Jahren in der 1. Bundesliga bzw. hier spielen alle in den möglichst höchsten Spielklassen.


Trendsportarten bei Olympischen Spielen? Grundsätzlich würde ich es begrüßen, wenn alle oder möglichst ganz viele Sportarten den dauerhaften olympischen Status erhalten. Das hilft den Sportarten, die in Deutschland noch nicht populär sind. Die Dachverbände in Deutschland werden daran gemessen, ob es sich um eine olympische Sportart handelt und wie erfolgreich sie im 4-Jahres-Zyklus der Olympischen Spiele abschneiden. Alle anderen Sportarten fallen dabei runter. Ein Beispiel aus der Sportart „Inline-Skating (Speedskating)“, welche auch als Trendsportart in den 1980er Jahren in Deutschland populär geworden ist. Der Nachwuchs startet mit Skating. Wenn sich Jugendliche für den Leistungssport entscheiden, weil sie Talent haben und erfolgreich sind, müssen sie zunächst die Sportart „Eisschnelllaufen“ betreiben, um eine Chance zu erhalten, auf einer der Eliteschulen des Sports eingeschult zu werden. Diese Sportart gehört seit Jahrzehnten zum olympischen Programm. Speedskating nicht! Die Sportlerinnen und Sportler, die in den Bundeskader berufen werden, dürfen dann möglichst kein Inline-Skating mehr betreiben. Für mich als Vereinsvertreter nicht nachvollziehbar. Daher sollten möglichst viele Sportarten den Status von Olympischen Spielen dauerhaft erhalten.

 


Foto: privat


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