Liane Ebel

Ausführliche Fassung des Textes aus dem Magazin BewegtBerlin, Nr. 2 (März/April 2022)

 


Zur Person

Liane Ebel (59) ist Sportfunktionärin im BTFB, stellv. Vorsitzende im OSC Prellball/Gymnastik, Trainerin, Osteopathin und Bewegungstherapeutin.

 


Was bedeutet für Sie persönlich Respekt?

Respekt ist ein menschliches Grundbedürfnis. Denn wer will nicht respektvoll behandelt werden! Jemandem Respekt zu zollen, heißt für mich, die ihm gebührende Achtung und Wertschätzung entgegenzubringen. Das Wort Respekt bedeutet ja von seinem Ursprung her Zurückblicken und Rücksicht – eben Rücksicht auf seine Würde und sein Menschsein. Dieser Respekt gilt für mich unabhängig davon, was ein Mensch kann, wie viel Geld er besitzt oder welchen Einfluss er hat.


Wer ist für Sie im besten Sine des Wortes eine „Respektsperson“?

Respektpersonen sind für mich Personen, auf welche die vorgenannte Definition zutrifft, also Menschen, vor denen ich besondere Achtung habe und die ich besonders wertschätze. Solche Menschen sind mir dann oft auch Vorbilder. Es sind Leute, die einen feinen Charakter haben, eine gewisse Lebensklugheit an den Tag legen oder die verantwortungsvoll handeln – im privaten Umfeld wie auch in der Öffentlichkeit.


Wie kann man sich Respekt verdienen?

Manche Personen verdienen Respekt aufgrund ihrer beruflichen Stellung oder ihres Amtes, wie zum Beispiel Lehrer, Trainer oder Vorgesetzte. Ohne Respekt ihnen gegenüber funktionieren Teams, Schulklassen oder die Arbeitswelt nicht wirklich. Aber auch wer keine herausgehobene Stellung innehat, kann Respekt erfahren – weil er eine integre Persönlichkeit ist oder sich über die Maße für andere einsetzt oder mit Klug- und Weisheit gesegnet ist. Sich auf diese Art und Weise Respekt zu verdienen, ist etwas Besonderes.


Und wie sehen Sie die heutige Entwicklung, dass Respektlosigkeit zunimmt, dass Helfende oder Polizisten ohne Respekt behandelt, manchmal sogar angegriffen werden?

Respektlosigkeit oder Angriffe gegenüber Helfenden oder der Polizei? Zum Glück handelt es sich hier (noch) um Einzelfälle. Aber keine Frage: Jedes Vorkommnis dieser Art ist eines zu viel. Es ist unfassbar und beklagenswert, dass solche Angriffe vorkommen, und ich hoffe, dass diese bestraft werden, sodass dies eine abschreckende Wirkung auf Nachahmer hat. Die Ursachen für dieses zunehmende Problem dürfte mein Erachten bei Versäumnissen in der Erziehung liegen, vor allem natürlich im Elternhaus, aber auch bei dem, was junge Menschen an gelebter Respektlosigkeit an sich selbst erfahren und in sozialen Medien in sich aufnehmen.


War früher alles besser in Sachen Respekt?

Ich glaube, jede Generation glaubt irgendwie, dass die frühere die bessere war und das könnte auch in Sachen Respekt so sein. Keine Frage: Autorität und Respekt hatten früher sicher einen höheren Stellenwert und sie wurden auch strenger durchgesetzt und eingefordert. Das war für das gesellschaftliche Miteinander durchaus positiv. Wenn ich an meine eigene Schulzeit oder an die Erziehung meiner Eltern denke, so durften wir uns weniger herausnehmen, als das heute bei meinen Kindern der Fall ist. Gleichwohl möchte ich nicht in alte Zeiten zurückkehren, da der Respekt oft auf Macht und Stärke statt auf Achtung und Wertschätzung beruhte.


Was kann die Gesellschaft tun, damit der Umgang untereinander wieder respektvoller wird?

Es sollte ein Konsens darüber bestehen, dass Respekt vor dem Mitmenschen und Achtung anerkannter Verhaltensmaßstäbe das Zusammenleben in der Gesellschaft fördert – und deshalb auch einzufordern ist. Im Grunde geht es um das Praktizieren der Nächstenliebe und die Wahrung der Menschenwürde. Der Kindergarten, die Schule und auch die Sportvereine sind gute Übungsfelder dafür. Das beste Übungsfeld ist für mich aber die Familie, die kleinste Zelle in der Gesellschaft.


Wie kann man Kindern und Jugendlichen respektvolles Verhalten vermitteln?

Als Mutter von zwei Kindern und Großmutter von drei Enkeln kann ich sagen, dass man ihnen in ihrem Tun und Lassen am besten ein Vorbild ist. Denn sie beobachten sehr genau, wie die Erwachsenen miteinander umgehen, wie sie miteinander reden und sich anderen Menschen gegenüber verhalten. Wenn wir uns bemühen, dies respektvoll zu tun – ich weiß, das gelingt nicht immer –, dann bleibt ein positiver Effekt bei den Kindern und Jugendlichen nicht aus. Ich bin überzeugt, dass das Verhalten der Erwachsenen Auswirkungen auf das Verhalten der Jugendlichen hat – in Schule, Freizeit und im Sportteam und hier konkret im fairen Umgang miteinander.


Womit haben Sie bei der Vermittlung von Respekt gute Erfahrungen gemacht?

Bei der Vermittlung von Fairness habe ich gute Erfahrungen durch Vorleben gemacht. Als Sportlerin denke ich teamorientiert, auch wenn letzten Endes meine Einzelleistung gefordert ist. Aber diese Leistung darf nicht durch Tricks oder Manipulation zustande kommen. Deshalb sind für mich auch unerlaubte Anabolika ein Tabu im Sport. Doping und Fairness sind nicht miteinander vereinbar. Im Berufsleben hat mir übrigens geholfen, die Unterschiedlichkeit von Kollegen bewusst anzunehmen, konstruktive Kritik zuzulassen und alles zu tun, was das Miteinander fördert. Jeder soll im Team seinen Platz finden. Das fördert die Motivation und lässt unfaires Verhalten gar nicht erst aufkommen.


Welche Rolle kann der Sport dabei spielen?

Der große Vorteil des Sports ist, dass er zumeist in Gemeinschaft stattfindet. Im Team sind alle aufeinander angewiesen. Ein Team ist nur so gut, wie sich jeder einzelne in dieses einbringt. Teamfähigkeit kann hier spielerisch erlernt und praktiziert werden und ist eine gute Schule für andere Lebensbereiche wie den Beruf oder die Familie. Zudem erlernen wir im Sport den Umgang mit Autoritäten wie z. B. Trainerinnen und Trainern. Adolf Ogi, der Sonderberater des UN-Generalsekretärs für Sport im Dienst von Entwicklung und Frieden, hat einmal gesagt: „Sport repräsentiert die beste Schule für das Leben, indem jungen Menschen Fertigkeiten und Werte vermittelt werden, die sie als gute Bürger benötigen.“ Wenn uns das in unseren Vereinen gelingt, haben wir viel erreicht!


Wie bewerten Sie die DTB-Kampagne „Leistung mit Respekt“?

Ich finde, die DTB-Kampagne „Leistung mit Respekt“ war nötig und ein guter Start für mehr. Es muss ein Feld geschaffen werden, damit die Sportlerinnen und Sportler in Ruhe trainieren und die entsprechenden Leistungen erbringen. Wichtig ist, das richtige Maß zwischen Nähe und Distanz im Training zu finden, aber auch zwischen der Einforderung von Leistung und dem nötigen Respekt vor der Person. Ein negatives Beispiel haben wir bei den Olympischen Spielen im Eiskunstlauf gesehen, als eine junge Sportlerin von ihrer Trainerin abgestraft wurde, weil sie die gewünschte Leistung nicht erbracht hatte. Respekt darf aber nicht von erbrachter Leistung abhängig sein!


In Ihrem Beruf/im Ehrenamt – wie sehen Sie das Verhältnis von Wertschätzung und Respekt? Von beiden Seiten?

Wertschätzung bezieht sich eher auf Handlungen oder Verhaltensweisen. Respekt dagegen ist unabhängig von einer gezeigten Arbeitsleistung zu sehen. Beim Respekt geht es um eine allgemeine Grundhaltung jeder Person gegenüber. Zur Wertschätzung gehört immer auch der Respekt, aber umgekehrt ist das nicht zwingend der Fall. Es ist gut und richtig, wenn im Beruf und im Sport, sowohl beim Trainer als auch beim Sportler, gegenseitiger Respekt waltet. Wenn dann noch Wertschätzung hinzukommt, umso besser!


Wovor, vor welchen Leistungen/Eigenschaften haben Sie persönlich großen Respekt?

Als Sportlerin, die früher Leistungssport betrieben hat, habe ich natürlich Persönlichkeiten vor Augen, die sportliche Höchstleistungen erbringen. Und vielleicht muss man gar nicht selbst Sportler sein, um vor diesen Leistungen wirklichen Respekt zu empfinden. Auch außerhalb des Sports zolle ich Menschen hohen Respekt, etwa solchen mit einer hohen Resilienz, das heißt Personen, die trotz widriger Lebensumstände nicht aufgegeben haben und ihr Leben trotz allem tapfer meistern. Ich habe auch Respekt vor Persönlichkeiten, die Dinge zum Guten verändert haben, sei es gesellschaftlich (z. B. Martin Luther King), sozial (Heinrich Wichern) oder medizinisch (Robert Koch). Was sie geleistet haben, ist aller Grund zur Dankbarkeit. Auch das ist ein schöner Aspekt des Respekts.

 


Foto: Juri Reetz


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