Interview mit Wolfgang Willam

Der "SpoDi" hört auf...

 

Zur Person

Wolfgang Willam (65), Sportdirektor beim DTB von 1995 bis 2021, Mitglied des FIG-Exekutivkomitees 2004 – 2016, Vorstandsmitglied im OSP Rheinland-Pfalz/Saarland, OSP Sachsen, OSP Berlin

Wolfgang Willam beendet im Oktober seine berufliche Tätigkeit, nachdem er mehr als 20 Jahre als Sportdirektor die Geschicke der drei olympischen Sportarten Gerätturnen, Rhythmische Sportgymnastik und Trampolinturnen im DTB verantwortete. Claudio Preil sprach mit ihm über seine Bilanz und den Ausblick auf einen neuen Lebensabschnitt.


Wolfgang, warst Du selber mal aktiver Turner?

Ja, in jungen Jahren beim VfB Eimbeckhausen. Das ist mein Geburtsort in der Nähe von Hannover. Dort hat mich seinerzeit ein total engagierter Trainer von der Sportart begeistert und ich weiß immerhin, wie eine Riesenfelge am Reck und ein Salto rückwärts am Boden funktioniert.


Wie hat sich in den Jahren Deiner Amtszeit die olympische Sportart Turnen verändert?

Das Turnen hat sich rasant weiterentwickelt und die technische Weiterentwicklung der Turngeräte hat das sehr unterstützt. Wenn wir heute allein die Federeigenschaften der Bodenflächen miteinander vergleichen, ist das ein Quantensprung. Die Abschaffung der Pflichtübungen hat die Entwicklung zudem enorm begünstigt.


Wie werden sich die olympischen Turnsportarten aus Deiner Sicht in Zukunft entwickeln?

Sie werden weiterhin attraktiv für die Zuschauer und Zuschauerinnen bleiben, weil es einfach ästhetische Sportarten mit bewundernswerten Fähigkeiten junger Menschen ist. Es ist wichtig, dass hierbei der eingeschlagene Weg bei den Turnerinnen, mit tatsächlich jungen Frauen die Sportart zu präsentieren, beibehalten wird.


Auf welche Erfolge oder Leistungen bist Du besonders stolz?

Ganz oben auf der Agenda stand die strukturelle Zusammenführung des ehemaligen DTV der DDR und des DTB mit seinen Trainerinnen und Trainern und den Stützpunktstrukturen. Hier ist uns nicht alles, aber vieles gelungen. Natürlich sind die Goldmedaillen von Andreas Wecker, Anna Dogonadze und Fabian Hambüchen bei Olympischen Spielen und zahlreiche Medaillen unserer Athletinnen und Athleten bei Welt- und Europameisterschaften in jedem Einzelfall ein emotionales Highlight gewesen. Dass wir die Sportart Turnen Frauen in den letzten 15 Jahren wieder international konkurrenzfähig gemacht haben, freut mich ganz besonders. Ich bin dankbar, dass wir es mit dieser Gesamtentwicklung geschafft haben, die Förderung unserer Sportarten durch das Bundesministerium des Innern, für und Heimat und den DOSB auf ein absolutes Top-Niveau zu bringen.


Was war für Dich der emotionalste Moment?

Das war der Gewinn der zwei Silbermedaillen von Marcel Nguyen bei den Olympischen Spielen 2012 in London und der Gewinn der Bronzemedaillen durch Sophie Scheder bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio.


Welches war für Dich der größte Erfolg für das deutsche Turnen?

Neben den internationalen Medaillen habe ich großen Wert auf kontinuierliche Top-Veranstaltungen in Deutschland gelegt. Drei Weltmeisterschaften in Stuttgart und die Turn-EM 2011 in Berlin waren gigantische Events. Darüber hinaus waren der Erhalt und die Weiterentwicklung des „Turnier der Meister“ in Cottbus eine Herzensangelegenheit von mir. Hier haben wir es sogar zu einem FIG Weltcup Status gebracht.


Die Wettkampfformate haben sich in den Jahren verändert, was war für Dich dabei ein Highlight, bzw. das beste „Gesamtpaket“?

In der FIG hatte ich mich für die Einführung einer Weltcup Serie stark gemacht und diese mit ansprechenden Preisgeldern für die Athleten und Athletinnen eingesetzt. Die Serie mit Stuttgart, Glasgow, Tokio und einmal im Madison Square Garden in New York war ein echter „Hingucker“.


Wie sehr hat die Digitalisierung Einfluss auf die Sportart Turnen gehabt?

Die FIG hat vor einigen Jahren einen enormen Schritt durch die Einführung computergestützter Wertungen getan.


Werden in Zukunft Computer mit künstlicher Intelligenz am Kampfrichtertisch agieren?

Ich würde das nicht ausschließen.


Bei einem Abschied gibt es immer ein lachendes und ein weinendes Auge. Wie ist das bei Dir?

In 42 Berufsjahren konnte ich mein Hobby gestalten und bin mir sicher, dass ich positive Spuren hinterlassen werde. Mit der Teilnahme an 9 Olympischen Spielen und über 60 Welt- und ebenso vielen Europameisterschaften habe ich herzliche Gastfreundschaft in zahlreichen Ländern erleben dürfen und möchte das den teilweise kritischen Deutschen gern weitervermitteln.


Du hast für Deinen Ruhestand Berlin als Standort gewählt. Warum hast Du diese richtige Entscheidung gefällt …?

Meine Frau stammt aus der Nähe von Berlin und sie liebt diese Stadt über alles. In den vergangenen Jahren waren wir mindestens drei-, viermal im Jahr in dieser wunderbaren Stadt. Mit dem Renteneintritt meinerseits und einem neuen beruflichen Projekt ihrerseits haben wir aus dieser Vision Wirklichkeit werden lassen und freuen uns riesig darauf!

 


Das Interview führte Claudio Preil.


Foto: DTB




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