Jan-Ole Hochgräber

Ausführliche Fassung des Textes aus dem Magazin BewegtBerlin, Nr. 2 (Dezember 2020)

 


Zur Person

Jan-Ole Hochgräber, 23, studiert Mathematik und Sport auf Lehramt, ist angestellter Lehrer, ehrenamtlicher Trainer und Jugendwart beim TSV GutsMuths 1861 e.V.

 


In meine ehrenamtliche Tätigkeit bin ich quasi hineingeboren und dann bin ich mit viel Motivation und Spaß dabei geblieben. Begonnen habe ich als Helfer bei der Kinder-Jungs-Turngruppe meiner Mutter. Mit 14 dann trainierte ich die erste eigene Jungengruppe im Gerätturnen und seit 2014 bin ich Trainer einer SGW-Jungengruppe. Seit 2016 bin ich Vorstandsmitglied für Jugendarbeit. Zu diesem Posten bin ich gekommen, da ich bereits an vielen Veranstaltungen der Vereinsjugend beteiligt gewesen bin als unsere Jugendwartin aufhörte und wieder ein junges Mitglied als Vertreter der Vereinsjugend gesucht wurde.
Seit meiner Wahl als Jugendwart bin ich begeistert bei den Vorstandssitzungen dabei und habe auch schon mehrere kleine Jugendveranstaltungen organisiert, den Facebook-Account für den Verein vorangebracht und war an der Gestaltung der Website bzw. einiger ihrer Inhalte beteiligt. Zudem helfe ich natürlich auch bei Vereinsevents, die nicht nur die Vereinsjugend betreffen.


Dass ich ehrenamtlich tätig bin, liegt irgendwie in der Familie. Schon meine Großeltern und meine Onkel und Tanten haben sich ehrenamtlich im Verein engagiert. Aber ich bin nicht ehrenamtlich tätig, weil ich ehrenamtlich tätig sein will, sondern eigentlich wollte ich einfach das, was ich selbst als Vereinsmitglied von klein auf kennengelernt habe, unterstützen und mit neuen Ideen erweitern. Die ehrenamtliche Arbeit, vor allem bei uns in der Turnabteilung, ist immer umfangreicher geworden und wird durch die Sportart TGW/TGM noch zusätzlich erweitert und gestützt.


Vorbilder bei meiner ehrenamtlichen Tätigkeit sind meine Eltern. Vor allem meine Mutter, die mich selbst von Anfang an und auch immer mehrere Gruppen beim Turnen trainierte. Wir haben zusammen inzwischen die Anzahl der Jungs in der Turnabteilung erheblich vergrößert. Zum anderen aber auch mein Vater, der lange Jahre ehrenamtlich als Abteilungsleiter, Trainer und Mitglied des Ehrenausschusses des Vereins engagiert war. Jetzt sitze ich zusammen mit meiner Mutter im Vorstand des Vereins und das ist schon irgendwie toll.


Mit gefällt am Ehrenamt, dass ich die Möglichkeit habe, den Verein durch eigene Ideen und meinen Arbeitseinsatz voranzubringen. Zukunftsentscheidungen im Verein zu treffen und auch mal Verantwortung zu tragen, ist eine tolle Erfahrung. Das Trainieren der Kinder und Jugendlichen im Turnen macht einfach Spaß und hat mich letztendlich auch in der Berufswahl sehr beeinflusst.
Das Arbeiten mit jungen Menschen, der fröhliche Austausch und das gemeinsame Weiterentwickeln von turnerischem Können, aber auch das Beobachten der Kinder beim Erwachsenwerden, ist toll. Die erste Gruppe, die ich trainiert habe, trainiert mittlerweile zur gleichen Trainingszeit wie ich und wir erleben inzwischen gemeinsam Wettkampffahrten des TGW/TGM.


Bei meiner ehrenamtlichen Tätigkeit habe ich gelernt, vor allem Verantwortung zu übernehmen, Abläufe in einer Turn-Gruppe zu organisieren und zu gestalten sowie sie zu motivieren, ihnen Durchhaltevermögen zu vermitteln und vor allem Entscheidungen zu treffen.


Das Trainerdasein hat immense Vorteile für das Lehramtsstudium mitgebracht. Ich weiß, wie ich Kinder motiviere, Sportstunden organisiere, Inhalte vermittle und wie mit Konflikten umzugehen ist. Die Planung von Vereinsfesten hilft auch im Hinblick auf die Organisation von Klassenfahrten, Schulfesten oder Projekttagen. Die Organisation eines ganzen Sommercamps im Verein bringt auch sehr hilfreiche Erfahrungen.


Im Ehrenamt finde ich nicht so gut, dass Hauptamtliche manchmal ungeduldig werden, wenn man mal etwas verschwitzt hat oder man noch Zeit braucht. Oder, dass Machen und Denken nur was für die Alten wäre.


Im Verein und in der Familie fühle ich mich auf jeden Fall genug wertgeschätzt. Meine Eltern standen von Anfang an hinter meiner ehrenamtlichen Tätigkeit und ermutigten mich auch bei der Entscheidung mich in den Vorstand wählen zu lassen. Ich glaube, dass durch die Corona-Pandemie vielen Menschen in der Bevölkerung klar geworden ist, was wir als Ehrenamtliche im Verein wirklich leisten.
Ich finde in den letzten Jahren ist es für viele Eltern normal geworden, ihre Kinder in einen Verein zu schicken, die Wertschätzung der Trainer blieb jedoch oft aus. Wir wurden oft mehr oder weniger als reine Dienstleister betrachtet. Jetzt hört man öfter mal ein „...danke für eure tolle Arbeit und für euren Einsatz. Super, wie ihr selbst in der schwierigen Situation weitermacht“. Das ist schön zu hören und motiviert natürlich zum Weitermachen. Ein interessanter skurriler Nebeneffekt von Corona.


Um uns Ehrenamtliche mehr zu unterstützen, wäre neben finanziellen Aufwandsentschädigungen auch eine jährliche Urkunde für die ehrenamtliche Arbeit oder die Ehrenamts-Karte eine mögliche Form der Wertschätzung des Verbandes. Aber wenn die Kinder Spaß haben oder wenn eine von mir organisierte Veranstaltung klappt und viele Menschen daran Spaß und Freude haben, dann motiviert mich das, weiterzumachen und beim Ehrenamt zu bleiben.


Es wäre für die Ehrenamtler hilfreich, wenn die hauptamtlichen Mitarbeiter eines Vereins ihnen z.B. in verwaltungstechnischer Sicht den Rücken frei halten könnten. Aber in vielen Vereinen gibt es kaum hauptamtliche Mitarbeiter und sicher ist das auch leichter gesagt als getan, da Mitgliederverwaltung, Zusammenarbeit mit den Fachverbänden und Organisation des Übungsbetriebes etc. ja sehr umfangreiche und anspruchsvolle Bereiche sind.


Jugendliche haben heute kaum noch Lust auf Ehrenamt und wollen sich höchstens kurzfristig als Helfer engagieren? Bei uns in der Turnabteilung funktioniert das auf jeden Fall in Verbindung mit dem TGW über die Vorbildfunktion. Mitglieder aus älteren Mannschaften sind Trainer der jüngeren Mannschaften und auch hier beginnen jetzt die ersten wieder ihre eigenen Gruppen zu gründen und zu trainieren. Unsere TGW-Familie hält so wunderbar zusammen und motiviert auch Jugendliche zum Einstieg ins Ehrenamt – ähnlich wie bei mir am Anfang. Es war irgendwie normal, dass man von älteren Vereinsmitgliedern trainiert wird und dann war es normal für mich, dort einzusteigen. Und so ist es jetzt auch mit den Jahrgängen nach mir.


Für eine ehrenamtliche Tätigkeit muss man Spaß an der Sache haben. Wer keine Lust hat und das nur macht, um irgendwo dazu etwas im Lebenslauf stehen zu haben, ist nicht der Richtige dafür. Bei mir war schon immer die Verbundenheit zum Verein das Motivierende. Es ist schwierig, Freunde zum Ehrenamt zu überzeugen, weil es immer zeitraubend ist. Vielleicht wäre eine Anerkennung bestimmter Kurse im Studium eine Möglichkeit, mehr Leute zum Ehrenamt zu begeistern und sie dort zu halten.


Ich wünsche mir für die nächste Zeit für das Ehrenamt, dass sich wieder mehr Menschen entscheiden, mitzumachen. Dass es mehr Veranstaltungen gibt, die die Ehrenamtlichen sichtbar machen. Und Medien, die nachfragen und mehr Berichte über die Vereine bringen.

 


Foto: Juri Reetz


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