Vorgestellt: Allgemeiner Turn-Verein zu Berlin 1861 e.V.
Der ATV - vielfältig und nachhaltig
Zur Person
Mike Hoffmann ist seit 1998 Mitglied im Allgemeinen Turn-Verein zu Berlin und seit 2007 im Vorstand tätig.
Der Allgemeine Turn-Verein zu Berlin 1861 e.V. gehört mit über 3.000 Mitgliedern zu den Großvereinen in Berlin. Mit Sitz im Szenebezirk Friedrichshain-Kreuzberg bietet der Verein über 20 Sportarten, vom Babyschwimmen und Eltern-Kind-Turnen bis hin zu Angeboten für Seniorinnen und Senioren, für seine Mitglieder an. „Wir scherzen immer, dass wir vom Anfängerschwimmen bis Yoga alles zu bieten haben“, sagt der Vereinsvorsitzende Mike Hoffmann. „Uns ist eine familiäre Atmosphäre im Verein sehr wichtig und wir nehmen unsere soziale Verantwortung im Kiez sehr ernst. Wir bieten unseren Mitgliedern die Möglichkeit, sich zu bewegen, ihre Gesundheit zu fördern, aber auch Gemeinschaft sowie Geselligkeit zu leben“, führt er weiter aus.
Neben dem regulären Sportbetrieb wird auch Wert auf Events, Wanderreisen und Veranstaltungen gelegt, was die Sicht als „Vereins-Familie“ bestärkt und allen im Verein das Gemeinschaftsgefühl wichtig ist.
Das dieses Konzept aufgeht zeigt das jährliche Wachstum von knapp 20 % bei den Mitgliedszahlen. „Wir merken, dass es seit Corona generell ein großes Sportinteresse in der Bevölkerung gibt“, so Hoffmann. „Aber wie bei den meisten Vereinen, ist unsere größte Herausforderung, dass wir dringend Trainer*innen und Übungsleitende sowie hauptamtliche Mitarbeitende suchen. Für uns ist es wichtig, engagierte Interessenten zu finden, die langfristig unser Vereinsleben mitgestalten wollen.“
Stolz auf das Erreichte
Auf die Frage, worauf der Verein besonders stolz ist, gibt Mike Hoffmann das Vertrauen der Mitglieder in den Verein an. Da gibt es Familien, in denen von den Großeltern bis zu den Enkelkindern jeder und jede Mitglied im ATV ist. Aber auch, dass der erweiterte Vorstand sowohl bezüglich des Geschlechts als auch der Altersgruppen ausgeglichen ist.
„Dass wir es geschafft haben ein Mehrgenerationen-Vorstand zu sein, der nahezu aus 50 % weiblich sozialisierten Personen besteht ist etwas Besonderes“, so Hoffmann. „Ich bin besonders stolz darauf, dass wir uns als Vorstand für gesellschaftlich relevante Themen wie Antidiskriminierung, Inklusion und Kinderschutz einsetzen. Wir haben in unseren Reihen Vorstandsmitglieder für Kinderschutz bzw. Antidiskriminierung ernannt und beschäftigen ebenfalls eine Mitarbeiterin, die als Kiezkoordinatorin Projekte im Bereich Antidiskriminierung und Inklusion umsetzt.“
Nachhaltigkeit im Verein – eine Herzensangelegenheit
Schon vor einigen Jahren hat die Mitgliederversammlung beschlossen, auch teurere Angebote anzunehmen, sofern es finanziell möglich ist, wenn sie nachhaltiger, fair gehandelt oder CO2-neutral sind.
Bei der Anschaffung von Geräten wird auf Energieeffizienz, Robustheit, Ersatzteilgarantien und langfristige Updatezusagen geachtet.
Bei Events wird hauptsächlich Mehrweggeschirr eingesetzt, an den Sportstandorten statt Papierhandtücher Frotteehandtücher angeboten, ökologisch verträgliche Waschmittel benutzt, die Leuchtmittel auf LED umgestellt.
Für die Mitglieder werden an unterschiedlichen Standorten Wasserspender angeboten. Ergänzend dazu schenkte der Verein den Kindern zu Weihnachten 2022 Aluminiumtrinkflaschen. „In der Flatow-Sporthalle sind wir mit dem Wasserspender für den Bezirk ein Modellstandort. Im Sportzentrum Baruther Straße, unserer selbst verwalteten Turnhalle, haben wir auf eigene Kosten einen Wasserspender aufgestellt. So sparen wir und unsere Mitglieder Plastikflaschen und deren Transport ein“, sagt Hoffmann.
Kurze Transportwerge werden mit dem Lastenrad, das über die Spielbank Berlin gefördert wurde, erledigt. Den Mitarbeitenden ermöglicht der Verein ein Dienstfahrrad bzw. die Nutzung des 49-Euro-Tickets.
Auch in der Verwaltung gab es Veränderungen. So wurde auf digitale Wege umgestellt, um Papier und Beförderungsvorgänge zu reduzieren. „Wir reduzieren die Verwendung von Flyern und Teilnahmelisten auf Papier, stattdessen machen wir per Aushänge, in den soziale Medien und auf der Website auf unsere Angebote und Veranstaltungen aufmerksam. Auf diesem Weg sparen wir massiv Papier ein“, erklärt Mike Hoffmann. „Auch nutzen wir smarte Heizsysteme, um Heizkosten zu senken.“
Ein weiterer Punkt ist die Vereinskleidung. Hier wird besonders auf eine nachhaltige und faire Produktion geachtet.
Seit Juli 2024 arbeitet der ATV mit der Firma Jako zusammen, die eine faire und nachhaltige Sportkleidung herstellen. So kann der Verein von Trainingsanzügen bis hin zu Laufkleidung alles anbieten. Schon vor zwei Jahren wurden die „normalen“ Vereins-T-Shirts auf eine nachhaltige und fair gehandelte Variante umstellt. Weitere Produkte sind dazugekommen und zur Kinderweihnachtsfeier im vergangenen Jahr bekamen alle Kinder einen Turnbeutel, der nachhaltig hergestellt und vom LSB Berlin gefördert wurde.
Auch an der sozialen Nachhaltigkeit wurde im ATV verstärkt gearbeitet. Der Verein kultiviert schon lange eine Offenheit gegenüber allen Interessierten und bemüht sich, eine Teilhabe für Alle möglich zu machen. Es gibt viele Beispiele dafür, von der seheingeschränkten Turnerin, über Kinder mit diversen Verhaltensauffälligkeiten bis hin zum Vater, der im Rollstuhl zum Eltern-Kind-Turnen kommt. Der Ansatz bewährt sich und zeugt von echter Inklusion: Dem Willen, dass alle dazugehören sollen.
„Vor zwei Jahren haben wir unsere Vereinswebsite barrierefrei neu aufgesetzt“, führt Mike Hoffmann aus. „Dies bezieht sich in erster Linie auf digitale/technische Barrierefreiheit, wurde aber im darauffolgenden Jahr durch die Übersetzung der Website in Leichte Sprache, gefördert durch die Aktion Mensch, und ins Englische ergänzt. So soll die Zugänglichkeit zu Informationen über den Verein allen Menschen erleichtert werden.“
Darüber hinaus wurden Leitfäden für Antidiskriminierung und Kinderschutz entwickelt, die als Informationsquellen zur Prävention und konkrete Handlungsleitfäden dienen sollen. Nach einer internen Schulung aller mit Kindern arbeitender Übungsleitenden und Helfenden wurde der Verein im April 2024 mit dem Kinderschutzsiegel des LSB ausgezeichnet.
Eine problematische Entwicklung in Berlin
In diesem Herbst steht die Entwicklung weiterer inklusiver Sportangebote an, beginnend mit dem Rollstuhlsport. Hiermit soll zu einer Sensibilisierung der Gesellschaft in Bezug auf das Thema Inklusion beigetragen und der Verein ein Vorbild für andere sein. Mike Hoffmann: „Als Verein möchten wir auf eine Entwicklung im Land Berlin aufmerksam machen, die uns in den letzten Jahren verstärkt aufgefallen ist. Es gibt verschiedene Förderprogramme für den Sport, die aus unserer Sicht keine nachhaltige Wirkung entfalten und bestehende Sportangebote eher verdrängen.“
„Als Sportverein erheben wir Mitgliedsbeiträge, um unsere Kosten zu decken und langfristig unsere Sportangebote und Geräte zu finanzieren. So stellen wir sicher, dass unsere Mitglieder dauerhaft von einem qualitativ hochwertigen Angebot profitieren können. In den letzten Jahren beobachten wir jedoch vermehrt, dass es Förderprojekte gibt, die darauf abzielen, Sport kostenlos anzubieten. Nach Ende des Projektzeitraums fehlt es oft an Plänen zur Fortführung, und viele Teilnehmende springen ab, wenn es darum geht, eine Vereinsmitgliedschaft einzugehen. Beispiele wie „Sport im Park“ oder professionelle Vereine, die in Kitas tätig werden und dafür große finanzielle Mittel aufwenden, werfen die Frage nach der Nachhaltigkeit auf.“
Als Verein, der seit 2001 im Kita-Sport tätig ist, spüren die Verantwortlichen im ATV deutlich die Auswirkungen dieser Entwicklung. Ziel des Vereins ist es, durch seine Angebote langfristig Mitglieder zu gewinnen und sie in den Verein zu integrieren. Dies kann jedoch nicht mit kostenlosen Leistungen erreicht werden. Eine Mitgliedschaft bietet weit mehr als nur Sport, die Menschen sollen nachhaltig für den Sport begeistert werden. „Dies ist jedoch nur möglich, wenn wir uns von der Praxis entfernen, alles immer kostenlos anzubieten. Unsere Übungsleitenden sollen fair bezahlt werden und in einem nachhaltigen Beschäftigungsverhältnis stehen, das nicht nur projektbezogen ist“, sagt Hoffmann. „Leider müssen wir feststellen, dass die Sportpolitik in Berlin aus unserer Sicht einen falschen Weg einschlägt. Projekte wie „Kleine kommen groß raus“, dass es seit mehr als 25 Jahren gibt und das auf Nachhaltigkeit durch eine zweijährige Anschubfinanzierung ausgelegt ist, sind ein positives Beispiel. Dieses Projekt braucht keine Konkurrenz, sondern mehr Förderung und Unterstützung.“
Mike Hoffmann wünscht sich, dass die Anmerkungen Gehör finden und die Sportpolitik in Berlin zukünftig verstärkt auf Nachhaltigkeit setzt.
Der Dank zum Schluss
„Nachhaltigkeit ist keine Einzelleistung, sondern eine Teamleistung“, sagt Mike Hoffmann und dankt allen Beteiligten. „Als Verein haben wir an vielen Stellen die Möglichkeit, nachhaltig zu denken und so können alle ihren Beitrag dazu leisten. Wir sind all unseren Haupt- und Ehrenamtlichen sehr dankbar, die Tag für Tag ihren Beitrag dazu leisten, dass wir viele Ziele erreichen und immer neue Ziele in Angriff nehmen können.“
Infos zum Verein
Allgemeiner Turn-Verein zu Berlin 1861 e.V.
Gründung: 1861
Anzahl Mitarbeitende: 7 Mitarbeitende im Hauptamt, 1 Azubi, mehr als 50 Mitarbeitende im Ehrenamt
Anzahl Mitglieder: 3.046 Mitglieder im Alter von 0 - 99 Jahren
Vorstand: Mike Hoffmann (Vorsitzender), Thomas Oschlies (stellvertretender Vorsitzender), Karsten Schönebeck (Vorstandsmitglied für Finanzen)
Website: www.atv-berlin.de
Social-Media-Kanäle:
Fotos: Juri Reetz, Allgemeiner Turn-Verein zu Berlin 1861 e.V.