Daniela Kaup

Ausführliche Fassung des Textes aus dem Magazin BewegtBerlin, Nr. 3 (Mai/Juni 2023)

 


Zur Person

Daniela Kaup (42) ist Beauftragte für Menschen mit Behinderungen des Bezirksamtes Lichtenberg.

 


Als Beauftragte für Menschen mit Behinderungen des Bezirksamtes Lichtenberg beschäftige ich mich täglich mit Inklusion. Mein Job ist es, die Belange von Menschen mit Behinderungen in Lichtenberg zu vertreten. Egal, ob es sich um ein Projekt, einen öffentlichen Bau oder bezirkliche Strukturen handelt. Ich muss beteiligt werden. Leider berücksichtigen auch aus Unwissenheit noch nicht alle Kolleginnen und Kollegen diese gesetzliche Verpflichtung.

Lichtenbergerinnen und Lichtenberger, die sich aufgrund einer Behinderung diskriminiert fühlen, können sich ebenfalls an mich wenden. Ebenso bei allen Fragen rund um das Thema Behinderung. Ich weiß zwar nicht alles, aber ich kann die Person an die richtige Stelle verweisen. Es gibt viele tolle Unterstützungsangebote, die viel zu wenig bekannt sind.


Inklusion ist für mich die diskriminierungsfreie Teilhabe aller. Es darf keine Rolle spielen, ob jemand eine Behinderung hat, welches Geschlecht eine Person hat, ob und welche Religion, wen die Person liebt oder wo die familiären Wurzeln liegen. Und alle sollten auch die Möglichkeit der Teilhabe haben, sich also in die Gesellschaft einbringen können. Selbstwirksamkeit ist so wichtig.


Der Beirat von und für Menschen mit Behinderungen berät mich in meiner Funktion als Beauftragte. Ich arbeite eng mit Trägern und Selbstvertretungen zusammen. Entweder wir planen gemeinsam oder ich hole mir Feedback ein. Gerade die Bedarfe von Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit erkenne ich noch nicht immer. Da tausche ich mich oft mit einem Kollegen aus dem ABSV aus.

Als Mensch Daniela kenne ich die Kämpfe und Barrieren der mangelnden Inklusion. Vor fast 14 Jahren wurde bei mir Multiple Sklerose diagnostiziert. Mittlerweile habe ich einen Schwerbehindertenausweis und bin in meiner Mobilität stark eingeschränkt. Gerade beantrage ich meinen ersten Rollstuhl. Jeder defekte Fahrstuhl, jeder Umweg ist eine Herausforderung für mich. In Job- und Alltagssituationen weise ich mein Gegenüber immer wieder auf Barrieren hin.


In meiner vorherigen Tätigkeit im Freizeitbereich eines Trägers habe ich mit Besucherinnen und Besuchern zu tun gehabt, die auch Athletinnen und Athleten von SOB (Special Olympics Berlin) waren. Durch die Erzählungen konnte ich an den Weltspielen in Los Angeles und Dubai teilhaben. Für viele ist Sport gemeinschaftliches Erleben, sich messen können und sich auch freuen zu können, wenn jemand anderes gewinnt.

Für mich ist Sport in Form von Physiotherapie und Yoga enorm wichtig. Wenn die Termine mal eine Woche ausfallen, merke ich das gleich. Ich werde unbeweglicher, Schmerzen und Spastiken nehmen zu. Sport ist für mich eine Notwendigkeit, um geschmeidig zu bleiben, um mein Leben mit wenig Unterstützung weiterführen zu können.


Das Host Town Program in Lichtenberg

In ganz Deutschland beteiligen sich über 200 Kommunen am Host Town Program der Special Olympics World Games. Vom 12. bis 15. Juni sind die Kommunen Gastgeber für die Delegationen. Lichtenberg beherbergt die 25-köpfige Delegation der Fidschi-Inseln mit den Athletinnen und Athleten, Coaches, einer medizinischen Begleitung, der Delegationsleitung und deren Assistenz.

Von Montag bis Donnerstag lernt die Delegation unseren wunderschönen Bezirk kennen. Auf dem Plan stehen viele Ziele: das Rathausparkfest am 12. Juni, das Museum im Stadthaus, eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderungen, das Sportforum, die Gemeinschaftsschule Grüner Campus Malchow, der Tierpark, die Trabrennbahn und das Inklusive Pferdesport- und Reittherapiezentrum in Karlshorst.

Begleitet wird die Delegation von Mitgliedern des Bezirksamtes und mir. Tatkräftig unterstützt werden die bezirklichen Vertretungen vom Wohn-Beirat „Wilde Füchse“ der RBO – Inmitten gGmbH.

Das Bildungsinstitut des Trägers „leben lernen“ am Evangelischen Diakoniewerk Königin Elisabeth (EDKE) bereitet die Wilden Füchse auf ihre gastgebende Rolle vor. In der 4. Lichtenberger Inklusionswoche lernen sie z.B. in einem Englisch Crashkurs, wie die Delegation in der Landessprache begrüßt wird. Im Angebot „Länderkunde“ erfährt der Wohn-Beirat schon vor dem Kennenlernen Interessantes über die Kultur der Fidschi-Inseln.


Die Inklusionswoche findet, unterbrochen durch Corona, alle 2 Jahre statt. Normalerweise wird die Woche rund um den 5. Mai, dem Europäischen Protest- und Aktionstag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, geplant. Anlässlich des Host Town Programs und der Special Olympics Weltspiele findet die 4. Lichtenberger Inklusionswoche dieses Jahr im Juni statt. Die Inklusionswoche wird vom Beirat von und für Menschen mit Behinderungen, inklusionsorientierten Trägern und mir mit Leben gefüllt. Es gibt eine Kunstausstellung und Konzerte, Diskussionsrunden und Feste. Insgesamt finden in den 12 Tagen 25 Angebote statt.


Ich bin gut mit den anderen Beauftragten für Menschen mit Behinderungen vernetzt. Wir treffen uns einmal im Monat. An dem Treffen nimmt auch die Landesbeauftragte und eine Vertretung des Landesbeirats teil. Jede Senatsverwaltung hat außerdem eine AG für Menschen mit Behinderungen, an denen auch die bezirklichen Beauftragten teilnehmen.


Mit den Berliner Host Towns organsiert Special Olympics regelmäßige Treffen, auf denen wir uns austauschen können. So können wir voneinander lernen und auch das ein oder andere gemeinsam planen. Gerade bei den Kolleginnen und Kollegen, für die das Inklusionsthema neu ist, passiert gerade viel.


Nach dem Abitur habe ich angefangen, Menschen mit Behinderungen zu begleiten. Erst in Praktika, dann im Familienentlastenden Dienst (FeD). Nach dem Studium habe ich einen FeD geleitet. Bei einigen frischgebackenen Eltern von Kindern mit Behinderung habe ich große Sorge wahrgenommen. Wenn ich dann von meinen Erlebnissen erzählt habe, konnte ich ihnen einen Teil der Sorgen nehmen: Als Erwachsener ausziehen, Arbeiten, in einer Partnerschaft leben – das geht auch alles mit Behinderung. Das konnten sich anfangs manche Eltern gar nicht vorstellen.

In meiner vorherigen Tätigkeit habe ich Freizeitangebote organisiert. Die Reisen sind mir besonders in Erinnerung geblieben: Bulgarien, Griechenland, Mallorca, Türkei und Polen. Da hatten wir eine Menge Spaß. Bei einem griechischen Themenabend war für einen Moment die Bühne leer. Einer unserer Gäste ist auf die Bühne gestürmt und hat andere Besucher*innen zu sich gewinkt und angefangen, eine Polonaise anzuführen. Auch die Gastgeber haben mitgemacht. Das war sehr lustig. Es sind die kleinen Momente, die mir im Gedächtnis bleiben.


Menschen, die bisher wenig Berührungspunkte mit Menschen mit Behinderungen hatten, fühlen sich schnell unsicher oder überfordert. Dabei ist das gar nicht nötig. Wenn wir Strukturen schaffen, die schon früh Begegnungen zulassen, und diese Strukturen konsequent umsetzen würden, wäre Inklusion gar kein Thema.

Sportvereine sollten besser unterstützt werden, damit sich Trainer*innen kostenlos und regelmäßig fortbilden und sich über Erfolge und Unsicherheiten austauschen können. Solange, bis Inklusion selbstverständlich ist. Da hat die Politik auch noch unerledigte Hausaufgaben. Inklusion muss schon in Kindergarten und Schule gelebt werden.


Rathausparkfest ist Auftakt des Host Town Programs

Am 12. Juni findet von 14 bis 19 Uhr das Rathausparkfest am Rathaus Lichtenberg (Möllendorffstraße 6) statt. Das Fest ist die Abschlussveranstaltung der Lichtenberger Inklusionswoche und gleichzeitig die Auftaktveranstaltung unseres Host Town Programs. Es gibt Info- und Mitmachangebote, eine Ausstellung, Tischtennis, Boccia, und Konzerte. Die Maskottchen Fuchsi, Bully und Ritter Keule werden vorbeikommen. Am 16. Juni findet der Fackellauf in Lichtenberg statt. Ab 15.15 Uhr geht es vom Stadtpark, über Kielblockstraße, Rutnikstraße, Ruschestraße und Normannenstraße in den Rathauspark. 120 Läufer*innen aus der ganzen Welt nehmen teil. Es wäre natürlich toll, wenn viele Zuschauer*innen am Straßenrand stehen würden.


Zu den beiden Veranstaltungen ist jede*r herzlich eingeladen.

 


Foto: privat


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