Interview mit Claudia Wagner

Unsere Shows sind offen – und bunt

 

Zur Person

Claudia Wagner ist BTFB-Präsidiumsmitglied und Vorsitzende des Fachausschusses Freizeitsport. Beruflich ist sie im öffentlichen Dienst tätig und Inhaberin mehrerer Übungsleiter-Lizenzen.

Claudia, der BTFB hat lange und gute Traditionen im Bereich Show und Vorführungen. Wer steuert heute die Prozesse im Verband, wie ist dieser Bereich im BTFB strukturiert?

Den Gesamtbereich Shows und Vorführungen verantwortet Gina Martin, unsere Vizepräsidentin. Sie ist mit ihrem Enthusiasmus der Motor, die Motivatorin mit immer neuen Ideen. Zu unserem Fachausschuss Freizeitsport gehören außer uns beiden noch Karin Dohrmann, Monika Engel, Bettina Wilhelmy und Hella Grundschok. Wir arbeiten eng zusammen mit der Geschäftsstelle des BTFB, insbesondere natürlich mit Nicole Greßner. Sie kümmert sich auch um die organisatorischen Belange der Wettbewerbs-Formate wie „Rendezvous der Besten“ oder die Teilnahme von Gruppen an der Welt-Gymnaestrada. Sie ist auch unsere Schnittstelle zur Berliner Turnerjugend mit den Veranstaltungen „It’s Showtime“ und „Tuju-Stars“.


Wie war dein eigener Werdegang im BTFB?

Ich habe am ersten Mentorin-Projekt des BTFB (2007) unter der Leitung von Karin Dohrmann teilgenommen. Meine Mentorin war Helga Buchwald, damalige Vizepräsidentin und Leiterin des Fachausschusses Freizeitsport und verantwortlich für Show und Tanzveranstaltungen im Verband. Ich bin im gleichen Jahr Mitglied des Fachausschusses Freizeitsport geworden und habe den Bereich Show- und Tanz-Veranstaltungen übernommen und wurde dann etwas später zum Präsidiumsmitglied Freizeitsport gewählt.


Hast du dich als Kind oder Jugendliche schon mit dem Thema damit beschäftigt, warst du in einer Vorführgruppe…?

Meine sportlichen Anfänge lagen im Geräteurnen und Ballett, ich war 15 Jahre lang Mitglied in einem Kinder- und Jugend- Tanzensembles mit klassischem Tanz, Jazz Dance, Folklore, zeitgenössischem Tanz. Am Gymnasium und im Studium kam dann auch die RSG dazu.


Warum engagierst du dich gerade in diesem Bereich?

Das hat mehrere Gründe. Weil ich es selbst sehr liebe und viele Jahre aktiv auch auf der Bühne war. Weil es für alle, die es auch lieben, die Möglichkeit für Aufführungen geben soll und ich Gruppen im BTFB gern unterstützen und fördern möchte. Weil es unbegrenzte Möglichkeiten gibt, sich auszudrücken, Themen zu verarbeiten oder sich einfach nur schön, ästhetisch bzw. außergewöhnlich zu Musik zu bewegen.


Welche Aufgaben hat dein Fachbereich, welche Ziele stellt ihr euch?

Wir sind für die Vereine und ihre Gruppen da, beraten sie und geben ihnen mit unseren Veranstaltungen die Plattformen für die Auftritte. Wir initiieren und organisieren Veranstaltungen, regen zu neuen Formaten an. Wir wollen Gruppen fördern und entwickeln, -neue Teams entdecken, zum Austausch anregen und Weiterbildungen anbieten sowie Kontakte zu Angeboten des DTB vermitteln. Ich bin innerhalb des Gremiums neben der inhaltlichen Arbeit vor allem für die Konzeption, Organisation und Durchführung von Show-Veranstaltungen ohne Bewertung – eben Freizeitsport - verantwortlich. Das alles geschieht in enger Vernetzung mit den eingangs genannten Personen. Was uns ganz wichtig ist: Alle können mitmachen bei unseren offenen Formaten wie den „Bewegungshorizonten“, jede Gruppe kann sich präsentieren, wie sie es möchte.


Was bringt einem Verein eine gute Vorführgruppe – es ist ja doch viel Aufwand, Arbeit, Logistik, Fachwissen erforderlich, bindet Hallen-Kapazitäten, kostet Geld, braucht Helfende…?

Eine gute Vorführgruppe ist ein Aushängeschild für einen Verein.


Zu Vereinsveranstaltungen, aber auch zu Berliner Veranstaltungen, LSB -Veranstaltungen, im Bundeswettbewerb oder bei Turnfesten, Gymnaestradas oder zu weiteren Veranstaltungen, die weit über die Vereinsgrenzen hinausgehen, können die Gruppen reisen und auftreten.


Es gibt die Motivation für neue Vereinsmitglieder, gut zu trainieren, um in die Vorführgruppe aufgenommen zu werden, dadurch werden auch neue Vereinsmitglieder gewonnen.


Der Zusammenhalt wird gestärkt und kreative Kapazitäten werden freigesetzt, um Vorführgruppe des Vereins zu unterstützen. Mehrere Generationen arbeiten zusammen (Eltern, Großeltern, Geschwister usw.), die lokale Anbindung wird gestärkt (Unterstützung durch lokale Firmen, Handwerker z.B. Kulissenbau, Logistik) und das Netzwerk für den Verein erweitert.


Wie groß ist die Bandbreite der Vorführgruppen?

Sehr umfangreich – bei unsern vielen Sportarten im Verband, die Show-Potenzial haben. Es nehmen Gruppen jeden Alters aus dem DTB-Dance-Bereich, Tanzgruppen aller Genres, der Showakrobatik, der RSG, dem Turnen, TeamGYM, TGW, Cheerleading, Kunstrad und anderen an unseren Veranstaltungen teil. Wir pflegen auch den Austausch mit den Fachwarten und Fachgebieten. Wir würden aber gern die Sportarten Akrobatik, Rhönradturnen und Parkour mehr einbeziehen oder auch Kampfkunst-Sportgruppen, damit die große Vielfalt im BTFB auch auf unseren Show-Bühnen sichtbar wird.


Was fasziniert dich persönlich an der Arbeit für eine Vorführung, eine Show?

Die Vielfalt unseres Verbandes auf eine Bühne zu bekommen und die unheimlich große Kreativität, die die Übungsleitungen immer wieder mit ihren Performances zeigen.


Ich mag besonders die Veranstaltungen ohne Wertung. Wenn es mal nicht darum geht, sich zu messen und nur eine Gruppe gewinnen zu sehen.


Obwohl es ein großer Organisationsaufwand ist, stellt es gleichzeitig eine Herausforderung dar, dieser Vielfalt mit allen speziellen Bedingungen wie Bodenbelag, Raumhöhe, Zuschaueranzahl gerecht zu werden. Und natürlich die Emotionen der Teilnehmenden am Ende einer jeden Veranstaltung.


Wie siehst du die Entwicklung der letzten Jahre?

Als ich 2007 begonnen habe, hat es mir einfach nur gefallen, was die Gruppen auf die Bühne brachten. Jetzt bin ich manchmal überwältigt! Es hat sich viel getan, es werden Geschichten erzählt und die gewählten Themen dazu sind zeitgemäß. War z.B. Inklusion damals noch etwas Besonderes, ist es jetzt in vielen Gruppen Normalität. Darüber freue ich mich sehr.


Auch nicht so stark involvierte Zuschauer, die unsere Veranstaltungen über Jahre besuchen bestätigen, dass es eine große Steigerung bezüglich der Qualität und des Ideenreichtums gibt.


Dafür zollt auch unser Dachverband Respekt und Anerkennung. Gibt es denn besondere „Berliner Spezialitäten“?

Unser Bemühen um einen angemessenen Rahmen für die Präsentationen spielt dabei sicher eine Rolle. Wir haben gut geschulte Trainerinnen und Trainer, die oft aus den eigenen Reihen der Vereine kommen und die in der Lage sind, in ihren Choreografien auch mal vermeintliche Schwäche in Stärke umzuwandeln. Und wir sind modern - bei den Vorführungen der Gruppen sind die Einflüsse der lebendigen Großstadt zu spüren. Die riesige Vielfalt der Angebote in Berlin ist zugleich eine große Herausforderung: Wie halte ich meine Leute im Verein, vor allem die Teenies? Das ist ein Kampf, aber der fördert die Kreativität. Wenn sie dabeibleiben und dann auf der Bühne stehen, geht die Post ab…


Wie wichtig sind Aus- und Fortbildungen in dem Bereich?

Sehr wichtig! In Bezug auf Choreografie, Technik und Ausführung ist eine fachliche Ausbildung erforderlich, auch immer mit Blick auf den Gesundheitsaspekt. Eine Gruppe gut zu führen, erfordert pädagogisches Geschick. Insbesondere in Bezug auf den Kinder- und Jugendschutz gilt es, aufmerksam, umsichtig und einfühlsam zu agieren, immer im Austausch mit den Gruppenmitgliedern. Um auf dem Laufenden zu bleiben und sich Anregungen zu holen, sind Fortbildungen unerlässlich. Der DTB bietet verschiedene Choreografie-Formate an, die Trainer-B-Ausbildung läuft über die Landesverbände. Wir wollen im BTFB im kommenden Jahr einen „Choreografie-Tag“ anbieten, im Frühjahr 2024 startet der DTB auch wieder die Ausbildung zum „DTB-Choreografen“.


Welche Veranstaltungen stehen in diesem Jahr an?

Am 13. Mai veranstalten wir in der Schöneberger Sporthalle wieder die „Bewegungshorizonte“/Offenes BTFB-Forum. Am 10. Juni folgt dann in der Schöneberger Sporthalle „It´s Showtime“, das Landesfinale „TuJu-Stars & Rendezvous der Besten“. Dort können sich die Gruppen auch für die Bundeswettbewerbe dieses Jahres qualifizieren.


Die Show & Dance Gala des BTFB 2019 im Theater am Potsdamer Platz war ein absolutes Highlight. Dann kam Corona. Wie geht es jetzt weiter mit dieser beliebten Show?

Eine große Show & Dance Gala wird es in diesem Jahr leider noch nicht geben. Nach der Pandemie hat sich auch im Kulturbereich viel verändert. Theater und freie Bühnen haben den Besitzer gewechselt, viele rufen unbezahlbare Preise für Vermietungen auf, hinzu kommen die generell gestiegenen Kosten. Für 2024 sind wir auf Hochtouren dabei, einen geeigneten Veranstaltungsort zu finden, damit die Show & Dance Gala erneut zur glanzvollen Präsentation für unsere Vereine werden kann.


„The show must go on“ …Was motiviert dich persönlich, so viel ehrenamtliche Arbeit zu investieren?

Das Schönste sind die strahlenden Augen und die glücklichen Gesichter am Ende einer Veranstaltung! Wenn alle voller Emotionen sind – das ist so schön, das zu erleben! Das gibt mir immer wieder die Kraft, so etwas zu organisieren und weiterzumachen.

 

 

Interview: Sonja Schmeißer
Foto: Juri Reetz


Verbandsmagazin


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