Ramona Schlegel

Ausführliche Fassung des Textes aus dem Magazin BewegtBerlin, Nr. 2 (März/April 2023)

 


Zur Person

Ramona Schlegel (53) ist Sport- und Bewegungserzieherin, Projektleitern des Sportjugendclubs Buch der GSJ und 2. Vorsitzende SV Berlin Buch.

 


Die Show bedeutet für mich eine etwas andere Art der kurzweiligen Unterhaltung mit einer Geschichte im Hintergrund oder einem Thema.


Unsere Leidenschaft beim SV Buch ist das Tanzen und in den Jahren wollten wir etwas Größeres machen… Eine Show mit allen Kindern der Abteilung. Etwas, an den alle beteiligt sind und was den Kids in Erinnerung bleibt.


Was eine gute Show ausmacht, ist ja grade DIE Frage. Und jeder findet sicherlich seine eigene Antwort darauf. Eine Show muss ja nicht tänzerisch sein und in jeder Sportart gibt es sicherlich Möglichkeiten, etwas zu inszenieren. Für mich muss eine Show unterhaltsam, kurzweilig und im besten Fall einen WOW-Charakter haben. Da spielt vieles eine Rolle. Schon allein: Was beschäftigt oder gefällt unserer heutigen Jugend, welche dieser Themen kann ich aufgreifen und wie kann ich daraus eine Show machen, wo sich alle angesprochen fühlen?


Alles für eine gute Choreografie fängt mit einem Thema an, dann müssen sich die Gruppen und die Trainerinnen damit identifizieren. Anschließend geht es ums Ideensammeln, zu brainstormen und im besten Falle, außergewöhnliche Materialien einzusetzen. Eine gute Choreografie braucht kreative und leidenschaftliche Trainerinnen und wie in unserem Falle Tänzerinnen, die dafür brennen. Und die Zeit spielt dabei auch eine große Rolle. Eine gute Choreografie wird nicht über Nacht geboren, sondern es bedarf manchmal eine sehr lange Entwicklungsphase. Also Geduld und Zeit sind ein wichtiger Indikator für eine gute Choreografie.


Die Themen für unsere Choreografien finden wir mit den Teilnehmenden selber oder in der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, mit Themen, die die Kinder und Jugendlichen bewegen oder auch auf Grundwerte, die wir als Verein im sozialen Umgang für wichtig empfinden! Es gibt so viele interessante Themen und ich glaube, wenn eine Show nicht so viel Kraft und Zeit kosten würde, dann würde ich ständig im kreativen Prozess stecken.


Partizipation ist ein gutes Stichwort, wenn es um das Einbeziehen der Aktiven geht.. Wir würden ohne die Ideen unserer Kinder und Jugendlichen keine Identifizierung für eine gemeinsame Show inszenieren können. Unsere jungen Trainerinnen haben schon als Kinder in unseren Shows mitgetanzt und sind bei den Planungen völlig begeistert und höchst kreativ unterwegs. Kaum ist eine Show in Sack und Tüten, wird schon wieder nach neuen Ideen gestöbert.


Was an Vorbereitungen für eine gute Show notwendig ist? Erst einmal müssen die Teilnehmenden dafür begeistert werden. Dann die Eltern… Es muss ein Austausch stattfinden. Jeder muss ein Ziel vor Augen haben, es muss klar sein, dass gemeinsame Zusatztrainings stattfinden, dass Trainingslager notwendig sind. Also müssen Eltern und Teilnehmende die Bereitschaft haben, dafür zusätzliche Zeit und Geld zu investieren. Die Teilnahme muss freiwillig sein und sozialschwache Familien müssen unterstützt werden. Die Motivation der Kinder/Jugendlichen und deren Eltern ist die Grundvoraussetzung zum Gelingen einer guten Show!


Der SV Berlin Buch ist ein sehr kleiner und familiärer Verein und ohne die Unterstützung meines Arbeitgebers – die Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit – würde ich die Zeit überhaupt nicht aufbringen können, um mich so um die mir anvertrauten Kinder und Jugendlichen zu kümmern und diese mit dem Sport im Allgemeinen zu wundervollen Persönlichkeiten zu entwickeln. Natürlich geht nix, aber auch gar nix, ohne „meine“ herzlichen Eltern. Den Erfolg meiner Arbeit habe ich zu 50 Prozent den Eltern und meinem Team zu verdanken. Sie sind diejenigen, die die Kinder trainieren, Kinder und Equipment transportieren, auf Veranstaltungen unterstützen, die mich als Betreuer auf Fahrten begleiten, die Tränen trocknen und die unbändige, humorvolle Lebenslust versprühen! Ohne Sie wäre meine Arbeit – im Sinne von „Ich liebe das, was ich tue“ – nicht möglich!


Damit eine gute Show mit allen Vorbereitungen gut gelingen kann, ist eine große Eigenmotivation notwendig, um eine Show vom Anfang bis zur Aufführung durchzuhalten. Eine verbindliche Zusage bedeutet, viele zusätzliche Trainingsstunden, die Teilnahme an Trainingslagern, Wettkämpfen und Vorführungen. Weniger Zeit für die Schule und Freunde. Gerade in der Pubertät immer wieder eine große Herausforderung. Aber auch das Umfeld muss hier einige Opfer bringen… eine lange Liste also.


Natürlich nehmen wir auch an Show-Wettkämpfen teil. Eine solche Arbeit möchte präsentiert werden und wir wollen uns messen. Wollen sehen, ob wir uns in den Jahren verbessert haben und wünschen uns für die Arbeit, die Zeit und das Geld belohnt zu werden. Aber auch das Erlebnis, gemeinsam etwas erschaffen zu haben, gemeinsam durch Dick und Dünn gegangen zu sein und gemeinsam stolz auf das Erlebte zu sein. Dafür lebt der Showcharakter und dafür leben wir.


Woran wir gerade arbeiten: Im November 2022 sind wir mit unserer Show „Irgendwie anders“ fertig geworden. An dieser Show nehmen 65 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene teil. In der Geschichte unserer „Irgendwie anders“-Show stellen wir uns den Fragen: „Ob die heutige Jugend in einer grauen Masse feststeckt und ob die Jugend so frei ist, wie angenommen? Steht sie nicht eher unter medialem, schulischem und seelischem Druck und wie steht der Druck nach Perfektion im Mittelpunkt der heutigen Jugend?“


Der nächste Wettkampf ist der „TuJu-Star“ vom BTFB und wir wollen uns für die Deutschen Meisterschaften im Showbereich qualifizieren. Wenn wir dieses Ziel erreichen, dann wollen wir unter die besten 5 Gruppen in ganz Deutschland kommen.


Es gibt immer weniger Bereitschaft, ehrenamtlich mitzuwirken, die Kapazitäten in den Vereinen sind fast erschöpft. Wir brauchen sportpolitische Entscheidungen, um das Ehrenamt attraktiver und besser zu gestalten. Ein Vorschlag von meiner Seite wäre, dass Bus- und Bahnticket Ehrenamtlichen kostenlos zur Verfügung zu stellen und den Vereinen auch bei unlizenzierten Übungsleiter/innen Zuschüsse zu geben! Ein paar letzte Mitgliederplätze in unserer Abteilung kann man auf folgender Seite einsehen: www.svberlinbuch-tanzen.de.


Ein ganz bedeutendes und unvergessliches Erlebnis bei einer Show war – da spreche ich wohl vielen Mitglieder/innen aus dem Herzen – der 6. Platz beim Deutschen Turnfest 2017 in Berlin! Was für ein grandioses Erlebnis! Für mich definitiv das schönste Erlebnis.


Die Corona-Pandemie hat unsere Shows verändert! Ich weiß ich gar nicht, wo ich da anfangen soll…. Was für ein Trauma für die meisten Kinder und Jugendlichen!


Unsere „Irgendwie anders“-Show hatten wir fast fertig und alle freuten sich auf die Darbietungen und Wettkämpfe. Das Deutsche Turnfest in Leipzig fiel ins Wasser und gerade dafür hatten wir die Show konzipiert. Wir hatten einen großen Traum: Beim Deutschen Turnfest das Feeling, was wir in Berlin hatten, zu toppen. Zu toppen mit einer Platzierung unter den Top 5!!


Wir haben überlegt, die Show aufzugeben, sie wegzulegen. Aber den unbändigen Willen der Trainerinnen und der Aktiven nahmen wir zum Anlass, die Show zu überarbeiten. In einem weiteren Jahr haben wir jeder Gruppe den Tanz einer anderen Gruppe gegeben, neue Musik geschnitten, das Finale neu choreografiert, neue Kostüme bestellt. Nun erstrahlt die neue Show im vollen Glanz und wir träumen einfach weiter…


Der BTFB veranstaltet regelmäßige Treffen für Vereine und versucht gemeinsam mit den Vereinen, neue und kreative Wege zu gehen. Ich finde es sehr gut, dass man da eine Stimme hat und diese auch hört. Der „TuJu-Star“ muss noch mehr an Bedeutung bekommen und ich wünsche mir, dass viel mehr Vereine/Gruppen daran teilnehmen. In den letzten Jahren ist die Teilnahme an diesem tollen Wettbewerb schwindend gering geworden. Die Möglichkeit, im Potsdamer Platz-Theater zu performen, finden meine Gruppen höchst reizvoll. Es gibt also sehr gute Veranstaltungen und für neue Möglichkeiten sollte man weiter offen sein!


Was hier noch verändert oder verbessert werden könnte, da habe ich einige Ideen:

1. Wettbewerbe auch mal in anderen Lokalitäten wieder stattfinden lassen. Das hatten wir vor Jahren schon mal und das sollte wieder auf der Agenda stehen. Turnhallen sind einfach nicht reizvoll genug.


2. Wenn sich Berliner Gruppen für die Deutschen Meisterschaften qualifizieren, wäre es schön, wenn zum Beispiel das Bus- oder Bahnticket bezuschusst wird.


3. Weiterbildungen für Showgruppen

 


Foto: SV Buch


Verbandsmagazin


BTFB-Podcast "Der Sinn der Übung"


Showturngruppe "Die Elefanten"

Kinderturnen in Berlin


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