Finja Säfken

Ausführliche Fassung des Textes aus dem Magazin BewegtBerlin, Nr. 2 (März/April 2023)

 


Zur Person

Finja Säfken (25) absolviert ein Masterstudentin der Sportwissenschaft an der HU Berlin, ist beim BTFB als Werkstudentin tätig und arbeitet als Trainerin bei der KTR Berlin. Sie turnt in der 2. Bundesliga für die TSG Berlin Steglitz und war mehrmals Turnerin beim „Feuerwerk der Turnkunst“.

 


Show bedeutet für mich das gemeinsame Aufführen von Choreografien, die durch turnerische und tänzerische Elemente gekennzeichnet sind. Weg vom Wettkampfsport geht es bei Shows darum, das Publikum zu begeistern und mitzunehmen. Durch neue innovative, kreative und ausgefallene Choreografien können unterschiedliche Akzente gesetzt werden, sodass jede Show einzigartig bleibt.


Bei einer guten Show ist alles perfekt aufeinander abgestimmt, das Team, die Musik, die Outfits, die Choreografie und das Bühnenbild. Ich finde es immer besonders ansprechend, wenn die Show eine Geschichte erzählt. Durch das Nutzen von Höhepunkten durch besonders spektakuläre akrobatischen oder gymnastischen Showelementen aber auch durch besonders gute Synchronität in tänzerischen Passagen wird meiner Meinung nach eine Show aufgewertet.


Turnen ist eine Sportart, die einerseits perfekt für Shows geeignet ist, andererseits durch die strikten Regeln im Wettkampfablauf Grenzen aufweist. Turnen ist gekennzeichnet durch Vielfältigkeit aufgrund der verschiedenen Geräte aber auch aufgrund der vielen Möglichkeiten Elemente zu verbinden. Turnen ist spektakulär und atemberaubend, man fliegt durch die Luft und macht Dinge, von denen andere nur träumen können. Die enorme Körperbeherrschung und die Ausstrahlung, die Turnerinnen mitbringen, haben bereits einen großen Effekt auf das Publikum. Beim Wettkampfsport Turnen sind sportliche Höchstleistungen und technische Perfektion das A und O, nur wenn die Übung perfekt ist, bekommt man viele Punkte und kann auf dem Treppchen ganz oben stehen. Den sportlichen Höchstleistungen in Shows würde ich nicht die größte Bedeutung zuschreiben. Fehler fallen dem Publikum manchmal gar nicht auf. Es geht vielmehr darum durch das Zusammenspiel von Showelementen und turnerischen Elementen eine perfekte Show zu zaubern und dadurch das Publikum zu animieren und zu begeistern. Besonders die technische Perfektion ist ein Punkt, der bei Turnshows das Publikum fasziniert und begeistert und von denen Turnerinnen in Shows profitieren.


Das Frauen turnen hat sich diesbezüglich sehr stark weiterentwickelt. Der Showcharakter nimmt immer mehr an Bedeutung zu. Es ist nicht nur wichtig besonders schwierige und perfekt ausgeführte Elemente zu zeigen, sondern es kommt heutzutage auch darauf an diese in einer ausgefeilten und perfekt auf die Musik und Turnerin abgestimmten Choreografie zu performen. Aus meiner Sicht würde ich aber immer dem „turnerischen“, also den akrobatischen und gymnastischen Elementen, einen größeren Stellenwert zuschreiben und dies bleibt auch immer im Vordergrund. Durch den Code de Pointage gibt es gewisse Anforderungen, die die Turnerinnen zeigen müssen, wodurch gewisse Grenzen in Richtung Show gegeben sind. Durch das Lösen von konservativen Gedanken, kann aber der Showcharakter und die Attraktivität des Turnens immer weiter nach vorne gebracht werden. Ein gutes Beispiel dafür sind die langbeinigen Turnanzüge, ein Wandel im „Outfit“ der Turnerinnen, wodurch sich Einige viel wohler fühlen und eine gewisse Vielfältigkeit auch für die Zuschauer*innen entsteht.


Die Musik und der Turnanzug spielen beides eine wichtige Rolle. Der Musik bzw. der Musikalität würde ich auch aus Kampfrichtersicht die größte Bedeutung zuschreiben. Die Kampfrichter bewerten bei der Bodenübung nicht nur, ob die Choreografie zur Musik passt, sondern auch ob die Musik den Charakter der Turnerin widerspiegelt. Die Turnerin soll die Musik interpretieren und nicht nur ihren Rhythmus und ihre Geschwindigkeit umsetzen, sondern auch den Fluss, die Form und die Intensität und Leidenschaft der Musik betonen. So hat sie also die Aufgabe mit ihrer Darbietung die Musik zu unterstützen und das Thema der Musik den Kampfrichtern und dem Publikum authentisch zu vermitteln.


Der Turnanzug kann dabei auch ein Mittel der Unterstützung sein. Durch das eigene Designen des Anzugs passend zum Thema der Musik, wird die Musikalität bzw. die Darbietung der Bodenübung noch authentischer und auch die Turnerin findet sich besser in ihrer „Rolle“ wieder. Dies kann auch bei der Choreografie der Balkenübung helfen. Auch wenn hier die Musik keine Rolle spielt, muss die Turnerin auch hier Kreativität, Selbstvertrauen und einen persönlichen Stil verkörpern, sodass sie die Balkenübung in eine künstlerisch ansprechende Darbietung verwandelt.


Um mit der Bodenübung das Publikum zu erreichen, müssen meines Erachtens genau zwei Faktoren zusammenspielen, das „was“ die Turnerin zeigt und „wie“ sie es zeigt. Es hängt von der Vielfalt der Bewegungen ab, ebenso wie von der Choreografie, der Musik und Spektakulität der gymnastischen und besonders akrobatischen Elemente. Es ist aber auch enorm wichtig, wie die Turnerin das ganze rüberbringt. Dabei spielen der Ausdruck, die Haltung und der Umfang der Gefühle, die durch das Gesicht und den Körper zum Ausdruck gebracht werden, eine große Rolle. Durch das Zusammenspiel der beiden Faktoren, kann die Turnerin es schaffen, Emotionen zu vermitteln und damit das Publikum zu erreichen. Dies können Emotionen wie Trauer aber auch Freude und ausgelassene Stimmung sein.


Ein Paradebeispiel dafür ist Brooklyn Moors aus Canada. Mir persönlich gefällt aber Lauri Hernandes aus den USA auch sehr gut. Die Amerikanische Collegeliga ist für ihre ansprechenden Boden- und Balkenübungen bekannt. Die Mannschaft macht aus den Übungen einen „Showakt“, auch die Turnerin am Rande der Bodenfläche tanzen bestimmte Parts mit. Dies anzugucken, macht wirklich Spaß.


Mein erstes Feuerwerk der Turnkunst bleibt für mich ein unvergessliches Erlebnis. Ich stand das erste Mal auf so einer großen Bühne und konnte tausende von Zuschauer*innen begeistern. Zwischen Aufregung, Angst, Stolz, Freude und Euphorie war alles dabei. Und dieses Gefühl hat auch nach mehreren Shows nicht abgenommen, man hat so viele neue Sachen gelernt, war mit vielen professionellen Artisten unterwegs und hat gelernt, dass man im Unterschied zum Wettkampfsport Turnern, auch mit vermeidlichen Fehlern das Publikum begeistern, wenn man sie gut verpackt. Das werde ich nie vergessen und kann es auch nur allen Turnerin*innen empfehlen, die die Möglichkeit bekommen, diese zu nutzen.

 


Foto: privat


Verbandsmagazin


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