Interview mit Christopher Krähnert

Miteinander statt Gegeneinander – das ist unsere Mission

 

Zur Person

Christopher Krähnert (44) ist Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft Landesverband Berlin (DOG Berlin) und Geschäftsführer des Berliner TSC.

Herr Krähnert, die Olympischen Spiele 2024 sind in Sichtweite - auf welchem Euphorie-Level befindet sich der Präsident der DOG Berlin in diesen Wochen…?


Ich freue mich natürlich aufgrund verschiedener Faktoren auf den Start der Olympischen Sommerspiele am 26.07.2024 in Paris. Bereits die Fußball-EM im eigenen Land zeigte, dass der Sport die Menschen zusammenbringt und das Gemeinschaftsgefühl untereinander fördert. Diese Euphorie und Emotionen, gepaart mit meinem persönlichen Interesse am Sport, erwecken eine große Vorfreude auf die kommenden Wochen.


Was hat Sie im vorigen Jahr bewogen, das Amt des Berliner DOG-Präsidenten zu übernehmen?


Mein Leben war von Klein auf vom Sport geprägt. Bereits mit sechs Jahren stand ich das erste Mal auf der Judomatte. Seitdem begeistert mich die Olympische Idee und die dahinterstehenden Werte haben mich geprägt. Getreu meinem Motto: „Willst du ein Feuer entfachen, musst du selbst brennen.“, möchte ich diese Überzeugung nutzen, um auch andere zu inspirieren und ein Bewusstsein für die Bedeutung des Sports in ihnen zu schaffen.


Welche Aufgaben hat die DOG resp. der Landesverband?


Die Deutsche Olympische Gesellschaft Landesverband Berlin (DOG Berlin) setzt sich leidenschaftlich für die Werte des Sports ein, fördert die Verbindung zwischen Sport und Gesellschaft und berücksichtigt die Vielfalt des Sports. Wir möchten Kinder und Jugendliche zu Sport und Bewegung inspirieren und gleichzeitig gezielt die Entwicklung Berlins als Sportmetropole unterstützen. Für ehemalige Olympiateilnehmende möchten wir ein Netzwerk beziehungsweise eine Plattform schaffen, um verbunden zu bleiben.


Haben Sie selbst schon mal Olympische Spiele erlebt?


Für mich als Karateka waren die Sommerspiele in Tokio 2021 ein besonderes Vergnügen, weil meine Sportart erstmals im Programm war. Leider konnte ich aufgrund der coronabedingten Restriktionen nicht persönlich dabei sein.


In Marseille waren zum Empfang des olympischen Feuers auf französischem Boden 100.000 Menschen erschienen; die Spiele in Paris werden Milliarden im TV verfolgen – woher kommt diese Faszination?


Die Faszination der Menschen für den Sport und die Olympische Bewegung kann auf verschiedenste Aspekte zurückgeführt werden. Neben ihrer historischen Bedeutung zeigen die Spiele neben außerordentlichen sportlichen Leistungen der Athleten, inspirierende Geschichten sowie beeindruckende Rekorde und Zeremonien. Viele erfüllt es mit Stolz, wenn die Vertreter aus ihrer Heimat erfolgreich sind – es stärkt das Gefühl der nationalen Identität. Was dort auf die Beine gestellt wird, ist ein mitreißendes und einzigartiges Ereignis, das unsere Welt für einen gewissen Zeitraum verbindet und zusammenschweißt.


Welche Werte verbinden Sie mit der Olympischen Bewegung?


Das Fundament der Olympischen Bewegung bilden ihre Werte – hier stehen aus meiner Sicht Fair Play, Gleichberechtigung, Toleranz, Teamgeist, Respekt sowie Engagement im Vordergrund.


Sie sind als Geschäftsführer eines Großsportvereins ganz unmittelbar mit der Umsetzung dieser Werte im sportlichen Alltag befasst. Wie geschieht das?


Wir bemühen uns tagtäglich darum, ein positives Umfeld für unsere Mitglieder zu schaffen und ihnen die Werte des Sports zu vermitteln bzw. diese auch zu verinnerlichen. Dies geschieht zum Beispiel, indem wir sicherstellen, dass die Vereinsaktivitäten für alle zugänglich sind – unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion, Orientierung, körperlicher Leistungsfähigkeit oder sozialem Bildungsstand. Durch die frühzeitige Vermittlung von Werten in unseren Trainingsgruppen möchten wir die richtigen Voraussetzungen schaffen, damit gewaltbereite Einstellungen oder Verhaltensweisen gar nicht erst entstehen. Mit unserer Null-Toleranz-Politik beim Training und in Wettkampfsituationen bekennen wir uns als Verein ganz klar zu den Werten des Sports.


Welche Bedeutung haben Olympische Spiele als Ziel/Motivation für den Nachwuchssport resp. den Wettkampfsport?


Es ist zu erkennen, dass die Nachfrage nach Sportangeboten im Verlauf von Sportgroßveranstaltungen deutlich ansteigt. Aktuell steht bei Kindern und Jugendlichen zum Beispiel Fußball ganz hoch im Kurs. Die Leidenschaft, die solche Veranstaltungen wecken, versuchen wir zu nutzen, um Menschen in Bewegung zu bringen und ihnen die Freude daran zu vermitteln. Aufgrund von fehlenden personellen und räumlichen Kapazitäten gelingt dies leider nicht immer. Im Wettkampfsport ist es schön, zu sehen, wie die nächste Generation sportliche Höchstleistungen anstrebt, um den Vorbildern nachzueifern und eines Tages eventuell selbst an den Olympischen Spielen teilnehmen zu können.


Und welche Werte der Olympischen Bewegung lassen sich auf den Sport für alle, auf die Lebensweise von Menschen, übertragen?


Alle Werte der Olympischen Bewegung lassen sich auf die Menschen und deren Lebensweise, individuell aber vor allem kollektiv, übertragen. Sport ist der Kitt der Gesellschaft, in Deutschland und vielen weiteren Ländern weltweit.


Wie erleben und bewerten Sie die Olympische Bewegung, zu der auch die Paralympics und Special Olympics zählen, heute?


Miteinander statt Gegeneinander – jetzt mehr denn je. Das ist unsere Mission. Der Sport ist bunt, genauso wie unsere Gesellschaft. Daher können wir stolz sein, dass die Olympischen Spiele, die Paralympischen Spiele und Special Olympics in ihrer Bedeutung mittlerweile auf Augenhöhe stehen. Davon durfte ich mich während der Special Olympics World Games 2023 persönlich überzeugen. Die überwältigende Atmosphäre während der Eröffnungsfeier im Berliner Olympiastadion ebenso wie bei den Wettbewerben und zwischen den einzelnen Locations hat mich emotional mitgerissen.


Was müsste sich aus Ihrer Sicht ändern, was sollte bestehen, was ggf. verändert bzw. modernisiert werden?


An unseren Werten möchten wir grundsätzlich festhalten. Diese müssen jedoch weiterentwickelt und dem Zeitgeist entsprechend ergänzt werden. Um die Olympische Bewegung zukunftsfähiger zu machen und sich aktuellen Herausforderungen zu stellen, sind aus meiner Sicht verschiedene Modernisierungen/Änderungen erforderlich. Um die Wichtigsten zu nennen:

 

  • Verbesserung der Transparenz in der Vergabe der Olympischen Spiele und der Verwaltung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), um Korruption und Intransparenz vorzubeugen.
  • Stärkere Verpflichtung zu umweltfreundlichen Praktiken bei der Ausrichtung der Spiele, einschließlich der Reduzierung von Umweltbelastungen und der Förderung nachhaltiger Entwicklung.
  • Effektive Kontrolle der Kosten für die Ausrichtung der Spiele, um übermäßige finanzielle Belastungen für Gastgeberländer und -städte zu vermeiden.
  • Mehr Engagement für die Förderung von Inklusion und Diversität sowohl unter den teilnehmenden Athletinnen und Athleten als auch in den Führungsgremien der Olympischen Bewegung.
  • Stärkere Berücksichtigung der Rechte der Athletinnen und Athleten, einschließlich ihrer Arbeitsbedingungen, des Zugangs zu medizinischer Versorgung und der Möglichkeit, sich frei zu äußern.
  • Erhöhte Unterstützung für den Breitensport und Programme, die es mehr Menschen ermöglichen, am Sport teilzunehmen und von seinen gesundheitlichen und sozialen Vorteilen zu profitieren.
  • Verstärkte Bemühungen um Fair Play und Ethik im Sport, einschließlich des Kampfes gegen Doping und andere unfaire Praktiken.
  • Nutzung von Technologie, um die Olympischen Spiele für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen und die Interaktion der Zuschauer zu fördern.


Olympische Spiele in Berlin – wie ist der Stand der Dinge für eine Bewerbung?


Mein Traum von Olympia – die Berliner Kampagne zur Förderung der Olympischen Bewegung lebt. Die DOG Berlin arbeitet hier sehr intensiv mit dem LSB Berlin zusammen. Die Bestrebungen Berlins als Teil einer nationalen Bewerbung um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2036 oder 2040 in Deutschland wurden im Rahmen der letzten Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes offiziell erklärt. Entsprechend unterstützen wir die DOSB-Kampagne: Deine Ideen. Deine Spiele.


Was könnten Olympische Spiele in Berlin bewirken?


Die Austragung des größten Sportereignisses der Welt in Berlin wäre gerade in diesen turbulenten Zeiten ein wichtiger Impuls für unser Land, aber auch für die Welt. Sport als Querschnittsthema der Gesellschaft ist so viel mehr - Bildung, Gesundheit, Stadtentwicklung, innere Sicherheit - die Liste ist lang. Ich bin mir sicher, dass sich die Anstrengungen trotz aller Herausforderungen lohnen und wir das Ziel gemeinsam erreichen und ein positives Signal in die Welt senden werden. Im Zuge des Events profitieren auch alle Sportvereine von der Entwicklung der Sportinfrastruktur sowie der Förderung des Sports auf lokaler Ebene.


Sind Sie in Paris vor Ort? Was werden sie sich von den Spielen in Paris anschauen, mit wem fiebern Sie mit?


Ja, ich freue mich darauf, unsere Berliner Sportlerinnen und Sportler anzufeuern, allen voran die Wasserspringer vom Berliner TSC e.V.

 

 

Interview: Sonja Schmeißer
Foto: Ralf Nikolai




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